Angst ist eine Emotion und kann somit nicht „verstärkt“ werden.
Wir verstehen Angst leider meistens falsch. Es ist eine Emotion die nicht so einfach verstärkt werden kann. Klar kann Angst auch schlimmer werden durch Verstärkung negativer Einflüsse, aber es bleibt eine Emotion. Natürlich hat diese Emotion auch ein Verhalten zur Folge, aber es ist nicht ein bestimmtes Verhalten, sondern jedes Individuum hat seine eigenen Strategien, die sich in der Vergangenheit bewährt haben.
Was verstehen wir eigentlich unter Verstärkung? Angenommen der Hund soll ins ‘Fuß’, so wird durch eine motivationsgerechte Belohnung das gute Verhalten positiv verstärkt. Der Hund setzt sich links neben das Herrchen, schaut ihn freudig an und bekommt eine Belohnung (Verstärker).
Somit kann also die Emotion Angst nicht verstärkt werden, es sind lediglich die negativen Einflüsse die dies können. Aber Einflüsse die dem Hund gut tun, können das nicht.
Aufmerksamkeit des Herrchens, wie Hochheben als Trost – gut oder schlecht?
Solltest du in eine Situation kommen die Angst auslöst, überlege genau was du machst. Eventuell verstärkst du genau mit deinem Verhalten die Angst. In den seltensten Fällen gelingt es dem Menschen die richtige Wahl zu treffen.
Kleines Beispiel: Du gehst mit deinem Hund im Park laufen und hast z.B. einen großen Hund. Jetzt kommt dir eine Person mit einem kleinen Hund entgegen. Was wird wohl passieren? In den meisten Fällen kennen die Herrchen ihre Hunde und kleine Hunde haben schnell Angst und beginnen, durch diese Emotion angeregt zu bellen. Viele Herrchen haben sich nun unbewusst antrainiert, den Hund vor dem großen Hund zu schützen und nehmen den Kleinen auf den Arm. Außerdem wird ihm oft nett zugeredet. Hier wird nun genau das Falsche verstärkt. Der kleine Hund lernt bei größeren Hunden immer zu bellen. Über das Hochheben des Hundes durch sein Herrchen wird das zusätzlich verstärkt (er wird ja dann ganz schnell aus der scheinbaren ‘Gefahrenzone’ geborgen und gelobt, weil er kräftig gebellt hat).
Richtig wäre es zur Seite zu gehen und mit genügend Abstand schweigend und nicht beachtend aneinander vorbei zu laufen.
Ursache der Angst ist die nicht stattgefundene Sozialisierung
Es gibt auch andere Auslöser für Angst. Auch hier muss richtig gehandelt werden, was für den einen gut ist, kann für den anderen schlecht sein. Viele Menschen streicheln ihren Hund in diesen Situationen oder sprechen dem Hund gut zu. Es kann helfen, muss es aber nicht.
Warum? Es kommt darauf an, wie es der Hund selbst empfindet. Manche Hunde finden die Berührung entspannend, andere stören sich eher daran. Ähnlich verhält es sich mit dem gut Zusprechen. Hier wird der Hund nur noch mehr verwirrt, da der Mensch eigentlich beim Loben gut zuspricht. Er wird gelobt, weil er Angst hat? Streicheln und gut zureden würden seine Erregung erhöhen und seine Angst verschlimmern.
Da Hunde ja nicht sprechen können und eigentlich durch Beobachtungen lernen, kommt ein weiterer Punkt, die Körpersprache dazu.
Vermeide folgende Handlungen:
- Beuge dich nicht über deinen Hund.
- Berühre keine schmerzenden Körperstellen.
- Umfassen/Umarmen ist eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit.
- Hochheben.
- Hektisch reagieren.
- In die Augen starren.
Wie immer ist keine einfache Antwort auf die Frage zu finden: Verschlimmert somit das gut gemeinte Trösten die Angst?
Überlege dir genau, wie du beim Trösten vorgehst und wie dein Hund diese Bemühung empfindet. Die Erregung sollte verringert werden durch das Trösten, sodass dadurch die Angst verringert wird.
Bei Angst kannst du deinem Hund helfen
Die Auslöser für Angst sind absolut vielfältig. Pauschale Lösungen gibt es wie immer nicht. Die Stärke der Angst variiert und die Möglichkeiten der Bezugspersonen die Auslöser beim Hund rechtzeitig zu bemerken sind von Tier zu Tier unterschiedlich.
Ersichtlich ist nur, wenn etwas gut tut in Angst machenden Situationen. Du musst feinfühlig genug sein um zu erkennen, was deinem Hund gut tut. Solltest du die Zeichen kennen, die Angst signalisieren, kannst du entsprechend am Hund beobachten, wann sich die Angst verringert, nämlich dann, wenn sich die körperlichen Anzeichen verringern.
Eindeutige Signale wie Schütteln oder Futter annehmen können Entspannung signalisieren. Wenn du ihn berührst, fühlst du den Herzschlag deines Hundes. Lässt er nach? Prima. Dann bist du auf dem richtigen Weg!
Nicht alles, was uns Menschen tröstet, tröstet auch einen Hund. Wer das versteht ist auf dem richtigen Weg. Kritisch sich selbst hinterfragen, genau beobachten, anstatt zu interpretieren ist ebenso wichtig. Denn allzu schnell interpretieren wir menschliche Empfindungen in das Verhalten hinein, anstatt durch genaues Beschreiben die Veränderungen zu bemerken. Bringen die Veränderungen eine Verringerung der Angst?
Nimm selber auch Hilfe in Anspruch
Du bist dir unsicher und neigst dazu Hilfe beim Thema Angst in Anspruch zu nehmen? Traue dich und durchbreche mit uns die Problemverhalten. Lasse uns mit anderen Augen auf das Problemverhalten schauen und eine Verhaltensanalyse machen. Durch eine gründliche Auseinandersetzung mit allen Faktoren können wir dann viel genauer an den Angstauslösern arbeiten.
In vielen Fällen können durch einen kontrollierten Einsatz der Angstauslöser die Angst sehr zügig abtrainiert werden. Ist das nicht möglich, sollte versucht werden, die Auslöser auf eine große Distanz zu erleben, sodass der Hund nicht von seiner Angst überwältigt werden kann. Ist die Angst nämlich zu präsent, ist kein Lernen möglich, im Sinne von Angstverminderung. Gut ausgebildete Trainer können dir da sicher zur Seite stehen.
Bleibe selbst ruhig und entspannt
Dies wird wohl der schwierigste Teil des Trainings. Als Bezugsperson seines Hundes mit einem massiven Angstproblem kann man nicht „vollkommen entspannt“ dabeistehen und seinem Hund dabei zuschauen, wie er vor Angst fast durchdreht. Man ist automatisch emotional eingebunden und leidet mit dem Hund mit.
Auch auf uns Menschen wirkt Hintergrund-Stress! Wenn wir schon wissen, dass unser Hund in bestimmten Situationen nicht „normal“ reagiert, fühlen wir uns eingeschränkt und belastet, noch bevor wir die Situation erleben. Aber wir Menschen haben einen Vorteil gegenüber dem Hund. Wir können überlegen oder wir können über die Situation und unsere Gefühle nachdenken und uns eine neue Handlungsweise ausdenken. Dabei können wir sie sogar im Geist abspielen und üben.
Wissen was du tun kannst hilft
Du bleibst viel ruhiger, wenn du weißt, was du tun kannst. Um Angst zu verringern, fügen wir meistens gute Dinge hinzu, also z.B. gute Leckerli. Dafür muss die Stärke des Reizes so gering wie möglich sein, dass Fressen möglich wird! Erst solche Situationsübungen führen dazu, dass du dich wohler fühlen kannst. Du wirst feststellen, was er braucht und du tun kannst und dein Hund wird fähig sein, dies anzunehmen. Ihr werdet wieder verbunden miteinander sein, werdet eine Kommunikation haben und alles wird sich verändern.
Umgekehrt geht das natürlich auch. Der auslösende Reiz verschwindet oder du vergrößerst den Abstand zum Angstauslöser. Ein größerer Abstand wirkt belohnend, logisch. Bei diesem Lösungsansatz lässt du deinen Hund die Erfahrung machen, dass das Bedrohliche gar nicht mehr nahe kommt. Somit verringert sich also der Angstauslöser und entspannt deinen Hund bei weiteren Übungen. Dies funktioniert allerdings nur, wenn der Reiz nicht zu groß ist.
Ein Hund mit Angst sollte immer gut gesichert werden
Wer einen Hund hat, der Flüchten als Strategie gewählt hat, sollte dafür sorgen, dass der Hund immer mit einem Sicherheitsgeschirr gesichert ist und an einer Leine läuft. Bei der Panik bzw. der Angst stellt das Hirn einfach ab und lediglich die Angst führt den Hund. Somit passieren die unmöglichsten Dinge und dein Hund würde bei einer Flucht auch nicht mehr zu dir zurückfinden. Außerdem ist unsere Umgebung ungut für eine Flucht. In den meisten Fällen gibt es Straßen oder andere gefährliche Stellen für deinen Hund. Das erhöht zusätzlich das Risiko einer Verletzung.
Am schlimmsten betroffen sind Hunde mit Geräuschangst. Diese könnte immer und egal wo auftreten. Hast du so ein Problem identifiziert, bist du schon einen Schritt weiter um das Problem zu beheben. Gehe an einen neutralen Ort und führe deinen Hund mit ganz kleinen Schritten an das Problem heran, bis dies vom Hund nicht mehr beachtet wird. Nun steigerst du wieder die Intensivität und hilfst deinem Hund dies zusammen mit dir zu bewältigen (die Entfernung vergrößern oder die Ohren zuhalten…). Das ist auch ein gutes Beispiel für die Vielzahl an Möglichkeiten, die man ganz individuell für den jeweiligen Hund finden und aufbauen muss.
Was hilft dir kurzfristig im Alltag?
Im Alltag kann eine Angstsituation schnell auftreten, somit überlege dir 1 bis 3 Übungen, die dein Hund sicher kann und bei denen er freudig dabei ist. Wende diese in einer Angst-Situation an um deinen Hund aus der ihm bedrohlichen Situation abzulenken und verlasse anschließend umgehend diesen Ort der Angst. Durch das Ablenken mit z.B. dem Kommando ‘Sitz’ holst du ihn in ein sicheres Umfeld und du kannst problemlos die Angst abwenden. Dies funktioniert allerdings auch nur wenn der Reiz nicht zu groß ist.